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Simone Nowicki
Doktorand_In, dritte Kohorte (2023-2026)

Noise Makers of Weimar Republic

Das Handwerk der Stumm-Film- / Ton-Arbeiter*innen fernab der Aufmerksamkeit auf Jack Foleys Aufnahme-Bühne

Trotz des wachsenden Bewusstseins für die vielfältigen, klanglichen Identitäten des vermeintlich ‚stummen‘ Stummfilms bleiben viele Akteur*innen der Tonarbeit wissenschaftlich vernachlässigt und historisch unsichtbar. Dies wird besonders in Bezug auf die Arbeiten von Geräuschemacher*innen deutlich, deren Partizipation in den Varieté-Kinos, Lichtspielhäusern und Produktionsstätten spärlich dokumentiert wurde. Vor allem die lange fehlende Anerkennung als eigenständige Berufskategorie in Hollywood sowie der vermeintliche sekundäre Status in der Produktionshierarchie, können als Katalysatoren für eine Marginalisierung auch in der in Deutschland praktizierten Filmgeschichtsforschung verstanden werden. Die Hierarchisierung zwischen Bild- und Tonarbeit wird gerade durch den Fußnotenstatus der frühen (und auch der späten) Geräuschemacher*innen sowieTonarbeiter*innen der deutschen Filmgeschichte in Archiven, Sammlungen und Publikationen quantitativ deutlich. Ziel dieser Arbeit ist es, in Form von Fallstudien das Handwerk des Geräuschemachens als eine experimentelle Gegengeschichte zur deutschen Filmgeschichts-Narration zu begreifen. Diese gängige Narration soll anhand der Suche von kanonisch nicht-repräsentierten Akteur*innen hinterfragt werden. Das Forschungsvorhaben besteht darin, sich gerade mithilfe der Fetzen, Fragmente und Lücken – einschließlich ihrer Anekdoten, Spekulationen und Begriffsschwierigkeiten – auf die Suche nach den Geräuschemacher*innen des Weimarer Kinos zu begeben. Im Zentrum des Projekts steht die Erarbeitung einer Vernetzung von Akteur*innen der Tonarbeit, die nicht nur in der Filmbranche, sondern auch in der Radioindustrie, im Ausstellungskontext und in Kunst, Theater und Aufnahmestudios tätig waren. Jedoch versteht sich das Projekt nicht als epochal-historische Studie zum Weimarer Kino, sondern als Beitrag der Sichtbarmachung und Lokalisation von Tonarbeit im Filmproduktions- und Tonarbeitscluster während, um, als Teil oder abseits des viel erforschten Weimarer Kinos.

Profil

Simone Nowicki, geboren 1993 in Worms, studierte, lehrte und forschte bis Oktober 2023 am Institut für Film-, Theater-, Medien und Kulturwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie ist aktuell Mitglied des GFK-Graduiertenkollegs Konfigurationen des Films in Frankfurt am Main. Hier promoviert sie über die Arbeits-und Handwerkgeschichte des Geräuschemachens. Zudem ist sie Mitglied des internationalen DFG-Research-Netzwerks German-Jewish Film History of the German Federal Republic. Simone Nowicki arbeitet selbst seit Jahren als Geräuschemacherin und Sounddesignerin deutschlandweit für Film, Museen und (Live-)Hörspiele. Aktuelle Klang-Projekte beinhalten auditive Kollaborationen mit dem UNESCO Welt-Dokumentenerbe Arolsen Archives, sowie den Preußischen Museen zu Berlin, den Historischen Museen in Hamburg und der documenta 15. 2022 gewann sie den Claus-Dieter Krohn Preis für die Vermittlung von Exilforschung mit ihrem Audiofeature Verortung unmöglich? Ihre Forschungsschwerpunkte beinhalten die Bereiche von Tonarbeit und Gender im Kontext ihrer filmhistorischen Marginalisierung, sowie die Auseinandersetzung mit Museumssound, Raum und Klangkörper. Zudem forscht sie zu ephemere Sammlungsbestände der jüdischen Filmemigration (Günter-Peter-Straschek-Nachlass) und definiert Erinnerungsräume in der Deutschen Erinnerungskultur nach 1945 als Spukorte.

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