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Josefine Hetterich
Doktorand_In, dritte Kohorte (2023-2026)

Remembering Queer Futures

Remembering Queer Futures beschäftigt sich mit dem Archiv des AIDS-Aktivismus der 1980er und 90er Jahre und den Formen queerer Kulturproduktion, durch die dieses Archiv seither historisiert und wiederbelebt wurde. Die Anfänge der AIDS-Krise, die von der dringenden Notwendigkeit geprägt waren, medialen und staatlichen Desinformationskampagnen entgegenzuwirken und die Bewegung im Angesicht von gesellschaftlicher Missachtung und massenhaftem Sterben zu dokumentieren, fielen mit dem Aufkommen erschwinglicher und leicht nutzbarer Videotechnologien zusammen. Dies führte zu einer Flut von AIDS-aktivistischen Videos, die die alltäglichen widerständigen Praxen dokumentieren, die in Reaktion auf die Epidemie entstanden sind. Seit den späten 2000er Jahren lässt sich eine neue Welle kultureller Produktion feststellen, die dieses Archiv wieder aufgreift und sich der Aufgabe stellt, an die frühen Tagen des AIDS-Aktivismus zu erinnern und dabei gleichzeitig HIV/AIDS als andauernder Krise der Gegenwart gerecht zu werden.

Durch die Diskussion zeitgenössischer Filme, Videos und Serien ­– von Low-Budget-Dokumentarfilmen wie Video Remains (2005) und Shatzi Is Dying (2000) über unabhängig produzierte Webserien wie The Fathers Project (2018-2020) und Mainstream-Fernsehserien wie POSE (2018-2021) bis hin zu experimentellen DIY-Produktionen wie Homotopia (2007) und Criminal Queers (2017) – untersucht das Projekt, wie queere Vergangenheiten und Zukünfte in diesen Arbeiten imaginiert werden und inwiefern dies erlaubt, Konzepte wie Zeitlichkeit, Geschichtsschreibung und (Verwandtschafts-)beziehungen neu zu denken. Ich argumentiere dabei, dass einige dieser Arbeiten lineare Zeitlichkeit aufbrechen und dadurch ein Gefühl von untimely nostalgia produzieren. Dies beschreibt eine Sehnsucht, die sich nicht primär auf das bezieht, was war – also auf die Vergangenheit –, sondern eher auf das, was einst für möglich gehalten wurde – ein Stück Zukunft, das sich in dieser Vergangenheit verbirgt. Ich nenne diesen Prozess des Zurückschauens, um nach vorne zu blicken, remembering queer futures (zu dt. „queere Zukünfte erinnern“) und argumentiere, dass dieser Prozess als spekulative Praxis fungiert, durch die wir die Aspirationen der Vergangenheit wiederbeleben und Affinitäten über Generationen und Zeiten hinweg kreieren können.

Fig. 1:
Ephemera: Beschriftungen einer VHS Sammlung von AIDS Videos. Fotografiert von der Autorin.
Fig. 2:
Nachgeahmter Video Look: Referenz auf Robert Hilfertys 1991 Video TAG Helms: When ACT UP Put a Giant Condom over Senator Jesse Helms’s House. Screenshot aus POSE (produziert von Ryan Murphy, Brad Falchuk und Steven Canals, 2018-2021), DVD.
Fig. 3:
Affinitäten: AIDS Generationen übereinandergelegt. Screenshot aus Video Remains (Alexandra Juhasz, 2005), Vimeo.

Profil

Josefine Hetterich absolvierte ihr Bachelorstudium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft und Soziologie an der Goethe-Universität Frankfurt. Ihr Masterstudium “Gender, Media and Culture” schloss sie am Goldsmiths College, London, ab. Vor ihrer Tätigkeit am Graduiertenkolleg “Konfigurationen des Films” war sie von 2018-2023 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Filmwissenschaft am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe-Universität, wo sie zu feministischer Theorie, queerem Kino, Archivtheorien und AIDS Videoaktivismus lehrte. Des Weiteren kuratierte und organisierte sie die internationale Konferenz “Jean Carlomusto Made Me Queer: Video Activism, Queer Archives and AIDS Crisis Revisitation” (2022), sowie mehrere queere Filmreihen in Frankfurt. Sie ist Promotionsstipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes und außerdem derzeit Teil des Sprecher:innenkollektivs der AG “Gender/Queer Studies” der Gesellschaft für Medienwissenschaft.

hetterich[at]tfm.uni-frankfurt.de

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