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Johanna Laub
Doktorand_In, zweite Kohorte (2020-2023)

Vergangenheit in Bewegung: Dekonstruktive Geschichtsarbeit in zeitgenössischer Film- und Videokunst

Seit den 1990er Jahren ist in verschiedenen Künsten eine nachhaltige Beschäftigung mit den Lücken in hegemonialer Geschichtsschreibung und Erinnerungskultur zu beobachten. Dabei werden nicht nur marginalisierte oder verdrängte Geschichten recherchiert und rekonstruiert, sondern auch die Bedingungen thematisiert, unter denen diese Arbeit erfolgt – etwa die Abwesenheit oder Prekarität von Archiven. Mein Promotionsprojekt fragt nach dem Einsatz von Film- und Videokunst in einer solchen künstlerischen Geschichtsarbeit, die mit Bewegtbild und Ton eine eigenständige, heterogene Praxis herausbildet. Ich beziehe mich dazu auf Videoinstallationen, Essayfilme und experimentelle Dokumentarfilme, die sich teils fluide zwischen den Räumen der Kunst, der Festivalszene und digitalen Plattformen bewegen. 

Im Zentrum des Projekts steht die Frage, wie audiovisuelle Geschichtsarbeit ihre eigenen Präsenzeffekte produziert, aber auch dekonstruiert und darin die Fragilität und Grenzen von Repräsentation ansichtig macht. Dies beinhaltet den Blick auf die eigenen Mittel: Inwiefern thematisieren Film- und Videokünstler*innen die Orte, Materialien und Medien ihrer Wissensproduktion? Und welche Rolle spielen Film und Video als Medien, die auch außerhalb von Kunst einen Einfluss darauf haben, wie Geschichte alltäglich erlebt, überliefert und verhandelt wird? Unter Einbezug von ästhetischer Theorie und Medienphilosophie, dekonstruktiver und postkolonialer Theorie argumentiert das Projekt für eine audiovisuelle Vergegenwärtigung der Vergangenheit, die sich ihrer eigenen Ambivalenz bewusst ist: Entgegen der Erfahrung von Unmittelbarkeit wird die Medialität von historischem Wissen und historischer Erfahrung nach vorne getragen.

Profil

Johanna Laub ist Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Graduiertenkollegs „Konfigurationen des Films“ an der Goethe-Universität Frankfurt. Sie studierte Kunstgeschichte im Bachelor und Master an der Universität Leipzig und der Université de Tours. Im Anschluss arbeitete sie als kuratorische Assistenz an der Schirn Kunsthalle Frankfurt u.a. an den Ausstellungen „Basquiat: Boom for Real“ (2018), „Hannah Ryggen: Gewebte Manifeste“ (2019) und „Big Orchestra“ (2019) und co-kuratierte das Screeningprogramm „Double Feature“. In ihrer Forschung interessiert sie sich für Kunst als Ort der Wissensproduktion, für Archiv- und Geschichtstheorie sowie für die Verknüpfung von Kunst und Medienphilosophie. Von August bis Dezember 2022 war sie Gastwissenschaftlerin an der Mel Hoppenheim School of Cinema der Concordia University, Montréal.

 

laub[at]tfm.uni-frankfurt.de

Mitglieder
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