Lubunya. Filmsichtungen als Orte des politischen Aktivismus und der Identitätsbildung in der LGBTI+ Community der Türkei
Ab Mitte der 90er Jahre fanden mit Unterstützung der ältesten LGBTI+ Organisation der Türkei Lambda Istanbul studentische Veranstaltungen an verschiedenen Universitäten statt, die zur Sensibilisierung über LGBTI+ Problematiken dienten und Gender- und Sexualitätsdiskurse sichtbar machten. Neben Diskussionen und Lesungen spielten besonders Filmsichtungen, von vorrangig westlichen, amerikanischen Filmen, für die politische Mobilisierung und die Identitätskonstruktion der LGBTI+ Community in der Türkei eine wichtige Rolle. 2011 wurde von der Trans*-Rechteorganisation PembeHayat das erste queere Filmfestival mit einem internationalen Programm in Ankara organisiert.
Das Dissertationsprojekt untersucht inwieweit Filmsichtungen zum politischen Aktivismus genutzt werden. Können filmische Räume politisch-pädagogische Orte der Identitäts-, Communitybildung darstellen und somit ein Teil des politischen Kampfs nach gesellschaftlicher Akzeptanz werden? Welche Probleme können bei der unreflektierten Übertragung der Vorstellung einer westlichen LGBTI+ Identität auf einen zwischen Modernität und Tradition gespaltenem und trotz existenter Diskurse zur Gleichgeschlechtlichkeit im Osmanischen Reich, heute stark heteronormativem Kulturraum wie die Türkei entstehen? Was sind die vielleicht „spezifisch türkischen“ Formen von Queerness/queerer Identität, die sich dem problematischen Konzept der „Gay International“ widersetzen, wie beispielsweise Lubunca, der von queeren Menschen in der Türkei verwendete Slang. Diese Fragen werden anhand der erwähnten studentischen Filmsichtungen der LGBTI+ Aktivist*innen und dem seit 2011 jährlich stattfindenden queer-aktivistischen Filmfestival in der Türkei Pembe Hayat KuirFest/Pink Life QueerFest untersucht.
Profil
Sema Çakmak ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Graduiertenkolleg „Konfigurationen des Films“ an der Goethe-Universität Frankfurt. Im Bachelor studierte sie Theater- und Medienwissenschaft und Frankoromanistik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und Filmwissenschaft an der Université Aix-Marseille. Sie erhielt ihr M.A. im internationalen Masterprogramm Film und audiovisuelle Medien (IMACS) an der Goethe-Universität Frankfurt, Université Sorbonne Nouvelle Paris 3, Université de Liège. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Queer Cinema, Festival Studies und politische Filmkulturen.
cakmak[at]tfm.uni-frankfurt.de