Spilling: Undoing the Cinema of Transgression
Ich beschäftige ich mich mit einem Korpus von Filmen, die als Super 8 oder 16mm Produktionen in der disziplinübergreifenden und kollaborativ arbeitenden New Yorker Kunst- und Filmszene der 1980er Jahre entstanden sind und unter dem Namen Cinema of Transgression bekannt wurden. Wenngleich Museen, Institutionen und Archive mittlerweile Interesse an diesem Korpus gefunden haben, hat eine wissenschaftliche Auseinandersetzung und eine kritische Reflexion bisher nicht stattgefunden. Was stattdessen in Kunst- und Filmdiskursen reproduziert wird ist das Narrativ einer subversiven Filmbewegung, deren oft sexuell explizite Inhalte und ‚billige‘ Produktionen sich über jegliche ästhetische und moralische Grenzen hinwegsetzen.
Ausgangsfrage meiner Arbeit war, wie sich dieses Narrativ umdeuten lässt, wenn der Blick statt auf die formalen und narrativen Elemente des Films auf die Produktions-, Ausstellungs- und Distributionsbedingungen gelegt wird, wenn die ‚gesäuberte‘ Geschichtsschreibung gewissermaßen durcheinandergebracht wird. Dafür betrachte ich das Cinema of Transgression in seinem breiteren historischen, kulturellen und institutionellen Gefüge und lasse es somit quasi über seine eigenen Grenzen hinaus laufen. Dafür erforsche ich die Spezifitäten der New Yorker Downtown Szene der späten 1970er bis frühen 1990er Jahre sowie die Verschränkung von Filmproduktion mit anderen künstlerischen und Szene-Aktivitäten wie Performance, Festivalorganisation, Magazinpublikation und Videodistribution.
Was sich durch die Ergebnisse meiner Forschung abbildet ist nicht nur ein komplexeres, vielschichtigeres Narrativ des Cinema of Transgression selbst sondern schlägt auch Ansätze vor, wie sich Film als Teil von vielfältigen, oft unordentlichen, schwer greifbaren und sich ständig wandelnden Konfigurationen lesen lässt.


Profil
Marie Sophie Beckmann war von September 2017 bis Oktober 2020 als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin im Graduiertenkolleg „Konfigurationen des Films“ an der Goethe-Universität Frankfurt tätig. Anschließend arbeitete sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Medienwissenschaft am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Goethe-Universität. Im Juni 2021 promovierte sie mit einer Arbeit zum Cinema of Transgression, die 2025 unter dem Titel „Films That Spill: Beyond the Cinema of Transgression“ bei Rutgers University Press erschienen ist. Seit August 2021 ist sie Postdoktorandin im Arbeitsbereich „Theorie und Geschichte gegenwärtiger Medien” des Instituts für Kunst und visuelle Kultur an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Dort beschäftigt sie sich derzeit mit den Zusammenhängen zwischen Screens, Medien und Protest.
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marie.sophie.beckmann[at]uni-oldenburg.de