Germany in the Jewish-American and Israeli Migrant Imagination
Germany in the Jewish-American and Israeli Migrant Imagination beschäftigt sich mit literarischen, performativen und künstlerischen Projekten israelischer und jüdisch-amerikanischer Migranten in (und mit) Deutschland. Der jüngste Zuzug vieler jüdischer Amerikaner*innen und Israelis nach Deutschland hat zu ästhetischen Projekten geführt, die an den Holocaust erinnern und die Beziehung zwischen dem Holocaust und der Nakba sowie die Rolle von Rasse und sozialer Gerechtigkeit in diesen aktuell in Europa, Israel und den USA geführten Debatten kritisch hinterfragen. Die beiden letztgenannten Dimensionen unterscheiden die ästhetischen Schwerpunkte dieser Gruppe vor allem von ästhetischen Werken von Künstler*innen und Autor*innen aus dem viel größeren Zustrom jüdischer Russ*innen, die vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nach Deutschland emigrierten. Die jüdischen Amerikaner*innen und Israelis, die nach Deutschland ziehen, werden mit der Erfahrung konfrontiert, physisch einen Raum zu betreten, dessen bewegte Geschichte ihre Erziehung grundlegend beeinflusst hat und der von vielen ihrer Familien abgelehnt wird. Diese migrantischen Künstler*innen und Autor*innen setzen sich mit ihrer Kunst und manchmal auch ihrem Aktivismus mit dieser unheimlichen Erfahrung auseinander. Ihre Kunst und Literatur beschäftigt sich mit der Vergangenheit Deutschlands und bringt sie oft in einen Dialog mit der aktuellen Krise in Israel/Palästina und manchmal mit anderen Kolonialgeschichten. Dabei verorten sie Erinnerungen an die Nakba eher in Verbindung als in Konkurrenz zu Erinnerungen an den Holocaust.
Diese Fälle von Migration nach Deutschland implizieren miteinander verflochtene und konkurrierende Geschichten und werfen aktuelle Fragen in Bezug auf jüdische Identität, Erinnerungsdynamik, Migrationspolitik und Vorstellungen von ethischer Verantwortung in der Ästhetik auf: Welche Erinnerungsdynamik entsteht, wenn jüdisch-amerikanische und israelische Holocaust-Nachkommen der dritten Generation an den Ort migrieren, an dem einige ihrer Großeltern gelitten haben und anschließend geflohen sind? Wie ermutigt der Aufenthalt in Deutschland Amerikaner*innen und Israelis, ihre jüdische Identität und ihre Beziehungen zu Israel/Palästina neu zu verhandeln? Wie begrenzen und/oder erleichtern deutsche Kulturinstitutionen diese Art der Neuverhandlung? Wie verändern diese ästhetischen Projekte die kulturelle Erinnerungslandschaft Deutschlands insgesamt sowie Städte, die eine besondere historische Bedeutung für jüdische Gemeinden haben, wie Berlin, Frankfurt und Mainz, und Städte, in denen der größte Anteil dieser Migranten lebt, wie Köln, München und vor allem Berlin? Wie verändert ihre Migrationsästhetik die Literatur- und Kunstlandschaft Deutschlands? Beeinflusst die hier produzierte Literatur und Kunst auch das amerikanische und israelische kulturelle Gedächtnis und politische Debatten innerhalb der kulturellen Sphären? Wie geht die dritte Generation anders mit dem Erbe des Holocaust um als die zweite? Welche gesellschaftlichen Strukturen gibt es in Deutschland, um die Migration von Juden zu fördern, welche ethischen Überlegungen wirft dies wiederum für die Migranten selbst auf und wie setzen sich ihre Arbeiten mitunter damit auseinander? Wie ändern sich diese Fragen, wenn jemand tatsächlich nach Deutschland einwandert, sich mit der Vergangenheit und Gegenwart auseinandersetzt, wie es viele der jüdisch-amerikanischen und israelischen Autor*innen / Künstler*innen tun, die in ihre Heimatländer zurückkehren?
Profil
Sharon Zelnick ist Doktorandin am Department of Comparative Literature an der UCLA und derzeit DAAD-Stipendiatin in Berlin. Sie arbeitet in den Bereichen Holocaust Studies, jüdisch-amerikanische Literatur, Cultural Memory Studies, Migrationsliteratur und Visual Culture. Sharons Forschung konzentriert sich auf Fragen des generationsübergreifenden Gedächtnisses, der sozialen Gerechtigkeit und der Ästhetik von Migranten und untersucht, wie jüdisch-amerikanische und israelische diasporische Literatur und Kunst Deutschland nach dem Holocaust neu denken. Sie analysiert vergleichend Fotosammlungen, Filme, Gedichte und Prosa von nach Deutschland migrierten Israelis und jüdischen Amerikaner*innen, die an den Holocaust und manchmal auch an die Nakba erinnern. Kürzlich veröffentlichte sie in NECSUS: European Journal of Media Studies einen Essay mit dem Titel „Dani Gal’s cinematic and activist engagements with Israel/Palestine in Germany“.