Die Begriffskombination „Kinematografische Logistik“ mutet zunächst anachronistisch an; sie verbindet den Begriff des Kinematografischen, der konkret auf Maschinen fotochemischer Bewegtbildproduktion (im Besonderen um die Jahrhundertwende des 19. Auf das 20. Jahrhundert) verweist, mit der Idee der Logistik, die global vernetzte Transport-, Lagerungs- und Lieferpraktiken beschreibt. Mein Forschungsprojekt nimmt sich diesen Anachronismus zum Anlass, um über konkrete Fragen der Erstellung und des In-Zirkulation-Bringens von Bewegtbild nachzudenken. Durch eine filmwissenschaftliche Prägung und besonderes Interesse an der Geschichte des Experimentalfilms und der Bewegtbildkunst sind die dort stattfindenden Interventionen in dominante Formen der Bewegtbildproduktion konkrete (perspektivgebende) Anlässe, um über das Bewegen von Bildern im Kontext digitaler Vernetzung nachzudenken.

Das Projekt fußt auf der Untersuchung einer breiten Gegenstandssammlung: neben konkreten Filmen, die den Blick auf logistische Vorgänge inszenieren, hin zu einer Reihe an Praktiken der (logistisch geprägten) Bildverbreitung. Dadurch wird Kinematografische Logistik als historisch verortete Kategorie verstanden, die in kontemporären Tendenzen der Bewegung von Bildern wirkt. Ob angelehnt an logistische Maxime wie Flow oder Zirkulation oder in spezifischen Vorgänge des Transports und der Lagerung von Zelluloidfilm während des Projektionsvorgangs – über Kinematografische Logistik nachzudenken bedeutet eine Auseinandersetzung mit den Strukturen, die Bewegtbildern Form geben.

Jakob Villhauer ist seit Wintersemester 2023/24 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bereich Filmwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und arbeitet dort an seiner Dissertation. Neben der akademischen Tätigkeit hat er als Kurator Filmprogramme verwirklicht, ist im Umbauteam der Kunsthalle Mainz sowie im freien Studium Mitglied der Filmklasse Mainz tätig.