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Marin Reljic
Doktorand_In, erste Kohorte (2017-2020)

Klangspuren im Delirium – Audiovisuelle (Neu-)Konfigurationen des gesellschaftskritischen Stummfilms im ZDF/ARTE Programm

Ich untersuche Neukompositionen ausgewählter Werke aus dem ZDF/ARTE-Stummfilmprogramm. Anhand des gesellschaftskritischen Films möchte ich untersuchen, inwieweit die modernen Musiken die historischen Narrative ästhetischen und politischen Konfigurationen unterwerfen.

Innerhalb eines Spannungsfeldes von über 100 Jahren Kino(Historie) möchte meine Dissertation daher auf anfällige Bruchstellen der Beziehung zwischen Musik und Ideologie hinweisen. Die Betrachtung der Neukompositionen soll sich daher nicht in einer formal-ästhetischen Beschreibung und Systematisierung der Musiken erschöpfen, sondern diese auch auf die damit einhergehenden kulturellen Vermittlungsstrategien sowie auf ihre zeit- und gesellschaftskritischen Qualitäten und ihren Gegenwartsbezug überprüfen unter der Prämisse, dass avancierte Musiken eine Ergänzung, eine Umwandlung und/oder Neuinterpretation, in jedem Fall aber eine allegorische Beziehung zwischen Aktuellem und Vergangenen, der dargestellten Konflikte und Probleme schaffen.

Deutlich werden soll dabei, dass

  1. in einer multimedial organisierten Kunst- und Kultursemiotik den zugrundeliegenden Narrativen über die Musik neue Facetten der symbolischen, dramatischen und metaphorischen Ebenen abgerungen werden,
  2. die dialektische Entfaltung der musikalischen Vermitltungsformen, die einen soziologischen oder kulturpolitischen Zusammenhang ontologisch greifbar werden lassen, Machtparadigmen ideologiekritisch zu hinterfragen hilft,
  3. in der reflexiven Didaktik der Rekonstruktion historischer Stummfilme Chancen für das Bemühen um eine musikalisch-kulturelle Bildung gesehen werden können, der im Rahmen einer pädagogischen Positionierung daran gelegen ist, das Rezeptionsverhalten und somit die jeweilige Positionierung in veränderter Form zur Geltung zu bringen.

Aus kulturkritischer Sicht ermöglicht die Erschließung obiger Fragestellungen im besten Falle eine sinvolle Aktualisierung von  Adornos Kompositionen für den Film (zusammen mit Hans Eisler) als auch seiner Philosophie der neuen Musik, indem Einblick in den dialektischen Wirkungsgrad von spezifischen Strategien der Klangkunst am gesellschaftskritischen Stummfilm gegeben wird.

 

 

Fig. 1:
Ich klage an (Regie: A. Gance, Frankreich 1919), DVD.
Fig. 2:
Fig. 3:
Die Weber (Regie F. Zelnik, Deutschland 1927), DVD.
Fig. 4:
Fig. 5:
Partitur, Thewes, Bernd: Die Gezeichneten, Konzertante Fassung; für Flöte, Violoncello, Klavier und Akkordeon, nach dem gleichnamigen Film von Carl Theodor Dreyer (1922) unter Verwendung von osteuropäisch-jüdischen und russischen Volksweisen, Mainz: Bernd Thewes Verlag 2009, S. 1.

Profil

Marin Reljic ist Musikwissenschaftler und Kunsthistoriker und zurzeit Doktorand an der Goethe Universität zu Frankfurt. Er war Mitglied der ersten Kohorte des Graduiertenkollegs „Konfigurationen des Films“, innerhalb dessen er zu den Mitorganisatoren der Online-Konferenz „Histories of Tacit Cinematic Knowledge“ gehörte. Er ist Stipendiatsträger der „Hildegard und Peter W. Schatt Stiftung“. Nebenbei arbeitet Reljic auch als Komponist und Filmemacher. In seinem post-doc Projekt (Arbeitstitel: „(Un)sichtbare Autorenschaften. Audiovisuelle Konzepte von Raum, Zeit, Farbe und Licht in zeitgenössischer Musikinstallation und Klangkunst“ möchte Reljic den Blick auf die formal-operationelle Ausweitung des Begriffs „Komposition“ auf performative, aurale, räumliche, farbliche und lichtintensive Strategien im Zusammenhang mit einem sich wandelnden Autor*innenbegriff legen.

 

reljic[at]tfm.uni-frankfurt.de

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