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Lisa Stuckey
Assoziierte Doktorand_in

Investigative Ästhetik: Zeitgenössische Kunst und Rechtsprechung

Die Dissertation von Lisa Stuckey setzt sich kritisch mit der Verknüpfung von zeitgenössischer Kunst und Rechtsprechung auseinander. Rechtstheorie und -praxis werden auf Fragen der Kunst hin befragt und Kunsttheorie und -praxis auf das Recht geöffnet, um deren instruktive Relationen nachzuvollziehen und den Implikationen verschobener «Valorisierungssphären» (Guattari 2013) auf die Spur zu kommen.

Im Fokus steht die Forschungsagentur Forensic Architecture, die aktuelle ökologische Krisen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit untersucht und sie in den Ausstellungs- wie Gerichtssaal bringt. In kartografischen Kreuzverhören entsteht ein Beweis als prozessuales Produkt, das sowohl in rechtlichen wie ausstellungsbezogenen Kontexten distribuiert wird. Dennoch ist vonseiten der Agentur vernehmbar, keinen Anspruch auf Kunst zu stellen; Referenzsystem sind das Recht und seine medialen Bedingungen. Diese Studie unterzieht dieses Selbstverständnis einer «symptomatischen Lektüre» (Althusser 1972).

Ziel ist eine umfassende kunstwissenschaftlich-transdisziplinäre Aufarbeitung der «Investigativen Ästhetik». Der Begriff, der anfangs von der Agentur hergeleitet wird, dient als operatives Konzept, um auf medienästhetischer wie theoriepolitischer Ebene beleuchtet zu werden. Dies lenkt den Blick auf die veränderte Rolle von Museen und Gerichten und macht einen transformierten wie gesteigerten Mediengebrauch, der medienkulturtheoretisch gedeutet werden soll, sichtbar: Vom «artist as ethnographer» (Foster 1995) zum artist-as-detective wechselnd, setzen Künstler_innen Techniken der Forensik und der Spionage ein. Zu verzeichnen ist eine neue Dimension der Aufdeckung, die an die Institutionskritik der 1990er Jahre anschließt und zu einem Funktionswandel der Kunst und einer angewandten Befragung des Rechts führt. Wieso es ausgerechnet ästhetische und poetische Verfahren sind, denen – im Sinne einer «response-ability» (Haraway 2008) – eine radikale Befragung sozialer Gerechtigkeit überantwortet wird, nimmt diese Arbeit in historischer Tiefe in den Blick.

Profil

Dr. Lisa Stuckey ist Kunst- und Kulturwissenschaftlerin. Ihre Interessen gelten zeitgenössischen visuellen Kulturen, dem Bewegtbild, forensischen Kunstpraktiken, Medienästhetik und Critical Cultural Legal Studies. Lisa Stuckey promovierte an der Akademie der bildenden Künste Wien, mit einem Fellowship des IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften, einem Forschungsaufenthalt am Department of Visual Cultures an Goldsmiths, University of London, und einer assoziierten Mitgliedschaft (2019–2020) am Graduiertenkolleg „Konfigurationen des Films“ an der Goethe-Universität Frankfurt. Für ihre Dissertation Law on Trial über „Investigative Ästhetik“ im Spannungsfeld zwischen Künsten und Rechtsprechung erhielt Lisa Stuckey den österreichischen Staatspreis „Award of Excellence 2021“. Die Arbeit erschien unter dem Titel Forensische Verfahren in den zeitgenössischen Künsten: Forensic Architecture und andere Fallanalysen (De Gruyter 2022). Zudem ist Lisa Stuckey Herausgeberin (mit Alexander Damianisch) des Sammelbandes Uncertain Curiosity in Artistic Research, Philosophy, Media and Cultural Studies (Springer, 2025). Derzeit ist Lisa Stuckey Postdoc am Institut für Kunst und Gesellschaft der Universität für angewandte Kunst Wien.

 

Website: https://lisastuckey.net

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